Das Dorf vor dem Nebel (Teil 1)

Hinter den Nebeln … Damit beginnt jede Geschichte unserer Vorfahren. Ich weiss nicht, was hinter den Nebeln ist, aber es kann nicht so schlimm sein, wie alle denken. Was ist, wenn dort auch „Menschen“ wie wir leben? Oder was ist, wenn wir die komischen sind?

Doch solche Gedanken darf ich, Alphie, nicht haben. Wir dürfen nichts hinterfragen, sonst wird der Herrscher böse auf uns. Dies erlebten wir nur einmal und es endete in Feuer und Schrecken.

Auf meinem Weg zur Schule ist es leise wie immer (wir dürfen erst ab 8 Uhr sprechen oder Lärm machen). Ich laufe mit meiner besten Kollegin und wir haben viel zu reden, aber natürlich muss das bis später warten.

In der Schule beginnen wir wie immer um Punkt 8 Uhr mit einem Lied unserer Vorfahren an unseren Herrscher. Niemand hat ihn je gesehen, aber alle wissen, dass er existiert. Doch ich bin mir nicht so sicher.

Mir und den anderen Kindern in der Schule ist ganz langweilig. Wir sitzen jede Stunde unmotiviert auf unseren Bänken. Ich sitze in der Vordersten Reihe neben meiner besten Freundin. Hinter uns sind noch Mals zwei Reihen die je mit drei Kindern besetzt sind.

Es steigen schon wieder diese blöden und gefährlichen Fragen in mir auf: Was ist, wenn er gar nicht existiert? Wie kann er uns immer sehen? Kann man ihm vertrauen? Kennt er mich wirklich? Hört er meine Gedanken und wenn ja, hat das jetzt Konsequenzen?

Ich schaue um mich herum und nichts passiert. Ein weiterer Beweis! Schon seit Jahren stelle ich mir die gleichen Fragen und noch nie ist etwas passiert. Doch gar nicht an ihn glauben, das kann ich auch nicht.

Als die Schule vorbei ist, schlendere ich mit meiner besten Kollegin nach Hause und wir tauschen uns aus. Das können wir wegen des Sprechverbots am Morgen erst jetzt machen. Obwohl sich die Tage kaum voneinander unterscheiden und fast immer das Gleiche geschieht, haben wir genügend Themen, über die wir uns unterhalten.

Zu Hause angekommen begrüsse ich meine Eltern und gehe direkt auf mein Zimmer, damit ich meine Hausaufgaben so früh wie möglich erledigt habe. Danach ist schon Zeit für das Abendessen um 8 Uhr und um 9 Uhr müssen alle Bewohner des Dorfes im Bett liegen.

Tag für Tag ist es immer das Gleiche. Ich finde dies meeega langweilig. Ich bin jung, ich sollte viel erleben, die Welt erkunden und das Einzige, was man mir erlaubt, ist, in die Schule zu gehen.


Damit ist jetzt Schluss. Ich habe mich entschieden. Heute ist es so weit. Ich werde durch den Nebel gehen. Ich sage meiner Mutter, dass ich mich schlecht fühle und sie meldet mich von der Schule ab. Jetzt warte ich im Bett, bis alle beschäftigt sind.

Jetzt ist es so weit. Ich werde durch den Nebel gehen. Bereit für alles, was kommt, gehe ich durch den Nebel. Es ist dunkel. Trotzdem laufe ich weiter und weiter und weiter. Ich denke, dass der Nebel nie enden wird.

Plötzlich wird es heller und heller. Ich trete auf aus dem Nebel und – ich kann mich nicht mehr bewegen. „Wa … Was ist passiert?“, stottere ich. Besser, ich versuche zu stottern, aber ich kann nicht mal meinen Mund bewegen.

Erst jetzt nehme ich den Riesen wahr, der vor mir steht. Er betrachtet mich argwöhnisch und sagte etwas in einer komischen Sprache zu dem zweiten Riesen, der neben ihm steht. Wer sind die beiden? Was ist das für ein Ort? Wo bin ich gelandet?

Ich bereue meine Neugier bereits. Hätte ich doch auf meine Eltern gehört. Ich kann nicht glauben, dass mir so was passiert. Alle haben immer gesagt, wie nett und vorsichtig ich bin. Und jetzt befinde ich mich in einer ausweglosen Situation …

Fortsetzung folgt


Dieser Text ist im Rahmen der Impulswerkstatt Januar/Februar 2023 von Myriade entstanden. Dafür stehen vier Bilder sowie zwei Rahmensätze zur Verfügung.

4 Antworten auf „Das Dorf vor dem Nebel (Teil 1)“

    1. Hallo Myriade ich danke dir für deinen schönen Kommentar. Ich arbeite schon an der Fortsetzung. Ich hoffe die gefällt dir genauso wie der erste Teil.

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