Eine neue Freundin (Impulswerkstatt) – Teil 2

Dies ist der zweite Teil meiner Geschichte «Das Dorf vor dem Nebel». Wenn du den ersten Teil verpasst hast oder ihn nochmals lesen möchtest, dann klicke hier.


Die zwei Riesen haben mich nach einer Weile zu einem komischen Kasten gebracht, aus dem ich vorn hinausschauen kann und mich dort eingesperrt. Als sie weg sind, kann ich mich plötzlich wieder bewegen, blicke ich mich um und sehe andere wie mich. Sie haben sich wohl auch alle hinter den Nebel gewagt.

Inzwischen ist schon einige Zeit vergangen, seit ich hier angekommen bin. Immer wieder sehe ich, wie einige Riesen kommen und einige von uns aus dieser Box holen und mitnehmen. Jedes Mal frage ich mich erneut, was wohl mit ihnen passiert.

In einer Nacht kommt mich jemand besuchen. Ich kann es kaum glauben. Es ist Robin. Sie war eine enge Familienfreundin. Eines Tages war sie verschwunden und jetzt weiss ich auch wohin. Ich freue mich sehr, jemanden zu sehen, den ich schon kenne. Als sie realisiert, wer ich bin, umarme sie mich ganz fest.

Robin ist so nett und nimmt mich zu all den anderen Personen, die es auch hinter den Nebel gewagt haben. Ich erkenne manche und einige lerne ich neu kennen. Es sind alle sehr freundlich, doch jeder ist erstaunt, wie jung ich bin. Die meisten hier sind in den Dreissigern oder noch älter.


Ich stelle fest, dass nach Einbruch der Dunkelheit, fast keine der Riesen unterwegs sind. In einer weiteren Nacht holt mich eine andere Person ab, die mich neugierig anschaut. Sie erklären mir, dass die Geschichten, die ich über unseren Herrscher gehört habe, nicht wirklich stimmen. Die zwei Riesen, die ich gesehen hatte, sind anscheinend die Herrscher und es sind auch keine Riesen, sondern wir sind die Winzlinge. Anscheinend sind wir für sie, eine Art Spielzeug. (Ich werde sie ab jetzt Erdlinge nennen)

Mir ist noch immer noch nicht ganz klar, wie das hier funktioniert, aber es gefällt mir definitiv nicht. Sie sagen mir auch, dass wenn diese Erdlinge (so nennen sie die Riesen) anwesend sind, wir uns nicht mehr bewegen können. Ich frage mich, warum das so ist. Wissen diese Erdlinge nicht, dass wir leben?

Egal. Die anderen meinen, das seien die wichtigsten Informationen. Und so sitze ich nun seit mehreren Monaten in diesem Kasten auf einem Regal. Sporadisch stösst eine neue Person, die sich hinter den Nebel gewagt hat, zu uns. Doch sonst ist es langweilig. Wir können nur nachts miteinander plaudern, tagsüber können wir uns nicht einmal bewegen.


Wie gewohnt sitze ich am Morgen ganz ruhig auf dem Regal und warte nur darauf, dass es wieder Abend wird. Doch heute ist der Tag, der alles für mich ändern wird.

Ein hübsches Erdling (sie sieht aus wie ein Mädchen) kommt in den Laden und schaut sich prüfend um. Ihr Blick streift mich, aber dann geht sie weiter. Doch, einige Momente später kehrt sie wieder zu mir zurück. Jetzt weiss ich es. Sie ist mein Erdling. Sie wird mich mitnehmen und ich werde dann immer für sie da sein. Ich dachte, dies würde mich stören, aber ich spüre eine Beziehung zu ihr.

Sie nimmt mich mit und so beginnt ein neues Abenteuer für mich. Sie stopft mich in eine Tüte, die ein kleines Loch hat. So kann ich nach draussen sehen. Die Gegend hier ist wunderschön, viel schöner als mein altes Zuhause.

Plötzlich spüre ich, wie der Sack ruckartig zu Boden fällt. Ich weiss nicht, was gerade passiert, aber ich höre Stimmen. Ich verstehe nicht, was sie sagen, aber ich weiss, dass es nichts Gutes oder Nettes ist. Durch das Loch sehe ich, wie mehrere andere Erdlinge meine Besitzerin angreifen. Wie gerne würde ich ihr helfen, aber ich kann mich nicht bewegen. Sie schubsen meinen Erdling herum. Sie verprügelten sie und ich kann nichts machen, als nur zuzuschauen.

Dies geht mehrere Minuten so, bis ich Schreie von weiter hinten höre und jemand auf die aggressiven Erdlinge zurennt. Dieser Erdling trägt eine komische Kleidung, auf der etwas geschrieben steht. Ich glaube es, war Ploize oder so ähnlich. Ich spüre, dass mein Erdling glücklich und erleichtert über seine Ankunft ist. Sie unterhalten sich kurz. Als ich sie anblicke, sehe ich, dass sie mehrere Wunden im Gesicht hat.

Danach hebt mich mein Erdling auf und macht sich erneut auf den Weg, bis wir an einem Garten angelangt sind. Sie setzt sich hin, nimmt mich aus ihrem Sack und spricht mit mir. Sie hat eine sanfte, liebevolle Stimme. Und plötzlich kann ich sie verstehen. Ich höre, wie sie sagt: „Das ist der alte Kirschbaum von meiner Grossmutter.“ Den Rest blende ich aus. Dieser Satz enthält so viele Liebe, Wärme und Gefühl. Ich bin so glücklich, dass ich meinen Erdling habe.


Dieser Text ist im Rahmen der Impulswerkstatt März/April 2023 von Myriade entstanden. Dafür stehen vier Bilder sowie zwei Rahmensätze zur Verfügung.

3 Antworten auf „Eine neue Freundin (Impulswerkstatt) – Teil 2“

  1. Die Geschichte gefällt mir! Ein guter Fantasy-Plot und eine interessante Fortsetzung für den ersten Teil ! Ich dachte schon, es gibt doch keinen zweiten Teil und habe mich jetzt gefreut, dass es ihn doch gibt. Herzliche Grüße

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