Guilty Pleasure

Draussen herrscht eine Winternacht, keine Blätter an den Bäumen. Man hört nur die Äste knirschen. Meine schöne Glaskugel, die auf dem Nachttisch steht, irisiert in den schillerndsten Farben. Ich erinner mich, dass der Wetterbericht sagte, dass es heute nicht schneien würde, ist anscheinend anders als gedacht. Heute fühle ich mich komisch, vielleicht ist es keine gute Idee … – was auch immer, das ist egal.

Heute ist mein Zimmer ordentlich. Ich erinnere mich nicht, dass ich es aufgeräumt habe und niemand hat es für mich aufräumen können, da ich alleine wohne. Vielleicht habe ich ein simples Blackout, nicht so tragisch. Als ich mich umziehen will, merke ich, dass meine Kleider blutig sind – ja, wahrscheinlich wegen gestern. Ich ziehe mich um und verbrenne die blutigen Kleidern im Cheminée, es dürfen keine Spuren sichtbar sein.

Essen, nichts ist da, wo ist all mein Essen hin? Macht nichts, ich kann auch warten, bis es Tag wird und die Läden aufgehen. Meine Arme sind zerkratzt und haben ziemlich viele Narben, kann auch sein, dass sie noch aus der Zeit stammen, als ich mich selbst verletzte. Ich frage mich zu viele Sachen, vielleicht sollte ich damit aufhören.

Ich wünschte, ich könnte den gestrigen Abend nochmals erleben. Dieses Gefühl, als ich das Mädchen vergewaltigte, sie schlug, bis sie ihren letzten Atemzug nahm. Ihre Leiche aufzuschneiden war wahrscheinlich das Beste, ihre Organe, die Stück für Stück rausgefallen sind, ihres zerschmettertes Gesicht, das ich mit meinen eigenen Händen zerstörte. Das arme Ding, sie war doch so ein schönes und junges Mädchen.

Gestern, gestern. Ich werde dies nie vergessen, ihre Augen voller Schmerz und Leid. Ich wollte das nicht tun, aber das alles ist nur wegen ihres roten Kleides geschehen. Es war nicht meine Schuld, es war der Dämon in mir drin, der die Kontrolle übernimmt und mich nicht schlafen lässt.



Dieser Text ist Teil der ABC-Etüden:  3 Begriffe in maximal 300 Wörtern.

Die Wortspende für die Textwochen 20/21 des Jahres 2022 stammt von Puzzleblume mit ihrem Blog puzzle ❀. Sie lautet: Wetterbericht, ordentlich, irisieren.

9 Antworten auf „Guilty Pleasure“

  1. Krasse Geschichte, sehr heftig. Aber unabhängig davon, ob man auf Blut steht oder nicht, du hast einen Zugang zum Schreiben, den du unbedingt entwickeln solltest, du kannst etwas erzählen, und das kann man nicht automatisch. Schreib bitte weiter mit! 👍
    Herzliche Abendgrüße 🌧️🌼🍷🍪👍

    1. Es freut mich sehr, dass es Ihnen gefallen hat. Ich habe immer viel Spass, wenn ich bei der ABC Edüte mitmache, es kommen mir dann immer viele Ideen, von was ich schreiben soll. 😀

  2. Erzählen kannst du, aber: warum hast du es so geschrieben? Da ist einerseits ein Realitätsverlust, blackout, eine große Gleichgültigkeit, auch Einsamkeit, dann die sinnlose Grausamkeit, ein leichtes Bedauern. Das alles ist, so hoffe und vermute ich, ganz außerhalb deines eigenen Erlebens, zusammengesammelt aus Gruselfilmen und -geschichten. Vielleicht solltest du mal versuchen, das, was du tatsächlich erlebst, in Worte zu fassen?

    1. Ich weiss es ehrlich gesagt nicht, wieso ich das so geschrieben habe – sie kam mir einfach in meinem Kopf rein 🙂 Aber ja, ich werde noch viel schreiben und auch mehr aus meinem eigenen Leben einbringen.

    1. Es freut mich sehr, dass es Ihnen gefallen hat – zu Beginn dachte ich, dass es ein bisschen eine zu „harte“ Geschichte ist 🙂

  3. Das hätte ich nicht erwartet: weder, dass meine Wortspende zu einem solchen psychodramatischen Blutbad geeignet wäre, noch überhaupt bei den ersten Sätzen, da war ich viel mehr auf Magisches gefasst.
    Aber das Gruselige und Verstörte ist die negative Kehrseite magischen Denkens.
    Dass in der Geschichte das Selbstverletzen in das Verletzen und sogar Töten übergeht, ist ein Verlauf, der noch über das hinausgeht, was bei kindlichen Gewaltopfern von Schlägen tatsächlich vorkommen kann, nämlich, dass sie selbst entweder Gewalt verabscheuen oder selbst zum Schläger werden.
    Das ist die unglückliche Logik von Wiederholungen, die niemals zur Erlösung führen können. Manche erleben dies bei der immer wieder falschen Partnerwahl desselben Musters, andere in der Wiederholung von Taten – ohne Therapie ausweglos.

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